Durchbeißen

Gestern war ich so weit, die ganze Geschichte einzustellen: zu viele offene Fragen, zu umfangreich, zu viele Stellen (Figuren, Schauplätze, Plottwists) die intelligentere Lösungen benötigen, als ich sie besitze, zu viele kleinklein Arbeiten, als müsste ich mit Erbsen einen hundert Meter hohen Turm bauen.

Der Eindruck kam daher, dass ich die ganze Woche so gut, wie nicht geschrieben habe. Außer kleine Korrekturen durchzuführen, an den Stellen, die mich am meisten stören.
Die Entscheidung lag nahe, keine Zeit zu verschwenden, sondern mich wieder kürzeren Texten zu widmen oder neuen Ideen zu öffnen, als mich länger an diesem Brocken abzuarbeiten.

Aber mir ist eine gewisse Zähigkeit zu eigen. Also habe ich mich, dem geplanten Kapitel gewidmet und es ins Reine geschrieben.

Aktuell arbeite ich so, dass ich alle vorhandenen Kapitel durchlese und überarbeite: redundant. In einigen Kapiteln führt das zu deutlichen Änderungen am Handlungsstrang oder der Figurenzeichnung, wodurch alle Folgekapitel mehr Überarbeitung erfordern, weil sonst nichts mehr zusammen passt.
Die letzten drei Kapitel enthalten Schlüsselszenen, bei denen ich mir klar machen musste, wie geht es, von hier aus, weiter.

Das ist, beim Schreiben, nicht anders wie im Leben, wo man mit Jobwahl, Eheversprechen oder Banküberfall 🙂 auch ein klares Zeichen setzt, wohin die Reise von hier ab weitergeht: mit gutem Verdienst oder schlechtem Chef, mit Familienglück oder Scheidungskrieg, mit Haftstrafe oder Leben in der Karibik. Man entscheidet, in einem Moment, über eine lange Kette an Folgemomenten. Natürlich immer „Stairway to heaven“ im Sinn: „There is still time to change the road your on“.

Gestern nun, war ich beim dritten dieser Kapitel, lustlos, kraftlos und frustriert.
Und die Moral von der Geschicht´?

Es war gut, die Finger über die Tasten rasen zu lassen.
Die vielen kleinen (scheinbar sinnlosen) Mikrokorrekturen, der letzten Tage, waren die richtigen Verbesserungen und haben das Kapitel stimmig werden lassen.
Mein Problem war, dass ich in den letzten Tagen, zu wenig geschrieben habe. Dass ich die Bindung zum Text beinah verloren hätte.
Den Kernzweifel: das ist zu groß, zu umfangreich, zu zeitintensiv, wird das nicht beseitigen. Deshalb schreiben die wenigsten Menschen einen Epos. Speziell, wenn sie in Vollzeit nebenher arbeiten. Aber dafür habe ich bereits Pausen eingeplant. Ich habe auch die Aurumerreihe nicht am Stück geschrieben, sondern es gab Pausen dazwischen, in denen ich mich anderen Texten gewidmet habe. Den „Aurumern“ hat es nicht geschadet. Es war gut, immer wieder mit Lust dran zu gehen.

Aber und auch das gehört zum Schreiben, wie zum Sport: Muss man bereit sein, den inneren Schweinehund zu überwinden! Werke scheitern am Zweifel, nicht weil sie schlecht sind.

Die nächsten Kapitel und Wochen sind gut strukturiert. Durch Figuren und Schauplätze gibt es schöne Blöcke, die nun vorbereitet sind und die ich nach und nach überarbeiten kann. Gegen Ostern spätestens Pfingsten, habe ich einen großen Textabschnitt geschafft, auf den eine längere Pause folgt, für die kleinen und spontanen Ideen 🙂
Bis dahin heißt es Kapitel kritisch lesen, überarbeiten, nachlesen, überarbeiten, weitermachen und erstmal nicht zurück sehen …

PGF

5 Kommentare zu „Durchbeißen“

  1. Ich verstehe dich sehr, sehr gut. Deshalb habe ich ein anderes Mal deine „Disziplin“ gelobt. Trotz Schweinehund und gelegentlich Überdruss, hörst du nicht auf. Du schaffst es weiter und dein Werk wird zustande kommen. Chapeau, Herr Autor!

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  2. In diesem Sinne, lieber Peter, die Zweifel zurück lassen, Schritt für Schritt nach vorne – Struktur hast du offensichtlich bereits geschaffen, also eine Planübersicht – und erst mal nicht zurück sehen. Das nenn ich Motivation. Und die Freude soll auch dabei bleiben.

    Aber dass dazwischen der Anschiss auch mal anklopft, ist dir nicht zu verdenken und kann ich gut nachvollziehen.

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      1. Ja. Wir sind Menschen. Und alles bewegt sich. Mal da und mal dort hin. Das lässt sich nicht vermeiden. Im Idealfall sind es Übungsfelder und wir werden geschickter und stärker mit der Zeit.

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